Meinung zur Politik

 

 

 

 

 

Soll das Hilfspaket für Griechenland wiedereröffnet werden?                                              

Standpunkt: Es darf keinesfalls weiter geholfen werden !

Die Ausgangslage

Am 25. Januar 2015 wurde eine links-rechts Koalition um die Partei Syriza in die Regierung gewählt. Die Syriza-Regierung nahm unverzüglich wesentliche Reformschritte zurück, die von ihren bürgerlichen Vorregierungen auf den Weg gebracht wurden.

Seitdem ist das Regierungshandeln der Syriza-Regierung darauf gerichtet, jegliche Zusage zu Staatsreformen an die Institutionen (früher Troika) zu vermeiden und auf einen zweiten Schuldenschnitt hinzuarbeiten.

Zum 30. Juni lief das letzte vereinbarte Hilfspaket aus. Seitdem wurde eine Kapitalverkehrskontrolle über das Land verhängt, die Banken bleiben geschlossen und der Bevölkerung geht langsam das Geld aus.

Am 5. Juli 2015 stimmten über 60% aller Wähler in einem Referendum dagegen, weitere Sparanstrengungen umzusetzen. Die Syriza-Regierung hat der Bevölkerung diese Haltung empfohlen (Ochi = Griechisch für „Nein“)

Nur fünf Tage später brachte die Syriza-Regierung ein neues Spar- und Reformprogramm ins griechische Parlament ein, das von französischen Finanzexperten geschrieben wurde. Insbesondere mit den Stimmen der bürgerlichen Opposition wurde das Programm mehrheitlich angenommen.

Nun richtet sich die Frage an die Staats- und Regierungschefs der Eurozone, ob sie dieses griechische Programm annehmen sollen und im Gegenzug weitere Hilfen und einen zweiten Schuldenschnitt gewähren sollen. 

Einbahnstrasse Europa

Ein wesentlicher Beweggrund der Staats- und Regierungschefs dafür, Griechenland zu helfen, ist die Einbahnstrassen-Theorie Europas. Danach ist der Europäische Vereinigungsprozess so toll, dass stets nur mehr Zusammenarbeit in Europa sein kann und im Gegensatz dazu, weniger Europa von niemandem gewollt sein kann.

Standpunkt: Diese Theorie ist Unsinn !

Richtig ist, dass die Europäische Integration politisch und wirtschaftlich überaus positiv, ja sogar „segensreich“ wirkte und immer noch wirkt. Allerdings setzt gemeinschaftliches Handeln gemeinschaftliche Verhaltensregeln voraus. Wer diese Regeln verletzt schadet der Integration und muss daher die Gemeinschaft verlassen. Nur so macht sich die Gemeinschaft für weitere Interessenten glaubwürdig und attraktiv.

Finanzielle Größenordnung und Bedeutung für jeden einzelnen Euro-Bürger

Ein weiteres kurzfristiges Hilfspaket für Griechenland würde wohl mindestens 74 Mrd. € umfassen. Ein zweiter Schuldenschnitt der Staatschulden, die derzeit rund 300 Mrd. € betragen, und sinnvollerweise halbiert werden sollten, würde die Gläubiger rund 150 Mrd. € kosten.

Hinzu kommen die jährlichen Defizite im griechischen Staatshaushalt in Höhe etwa von 10 Mrd. € (3 bis 12% des nationalen BIP von 181 Mrd €), mindestens für die nächsten fünf Jahre, also 50 Mrd. €.

In der Summe würde sich ein Hilfspaket von 274 Mrd. € ergeben, wenn Griechenland in der Eurozone verbleiben würde.

Bei 337 Mio. Menschen die in den 19 Ländern der Eurozone leben ergibt eine Solidaritätsleistung pro Kopf von 817 €. Das bedeutet, dass jeder Mensch in „Euroland“, egal ob alt oder jung, arm oder reich, mit 817 € den griechischen Staat stützen würde.

Eine fünfköpfige Familie würde Griechenland schon mit etwas über 4.000 € unterstützen. (Netto, wohlgemerkt).

Standpunkt: Wollen wir das ?

Pädagogischer Effekt & Politik

Das Volk ist die höchste Autorität im Land und steht damit auch über dem Parlament.

Diese banale Feststellung ist im Fall Griechenland relevant, da das Parlament Sparpakete befürwortet, während das Volk diese mehrheitlich ablehnt. Oben sticht unten.

Es kann also davon ausgegangen werden, dass selbst wenn eine irgendwie geartete Parlamentsmehrheit heute ein Sparpaket verabschiedet, dieses nach der nächsten Wahl durch die nächste Regierung wieder rückgängig gemacht wird. So wie auch Anfang 2015 schon geschehen.       

Standpunkt: Der Parlamentsbeschluss vom 10. Juli ist unbeachtlich. Es gilt die politische Willensbildung, die sich aus dem Referendum ergibt.

Rettung mit Sparauflagen wider Willen der zu Rettenden kann nicht funktionieren, das ist offenkundlich.

Daher wäre ein weiteres Griechenland-Rettungspaket nicht kein fahrlässiges sondern ein vorsätzliches Vergehen der politischen Entscheidungsträger an den Steuerbürgern der Euro-Geberländer.

Strukturreformen

Die Militärausgaben Griechenlands liegen bei einem Vielfachen im Verhältnis zu den anderen Staaten Europas. Sie liegen sogar über der NATO-Empfehlungen, die – außer wohl den USA – kein anderes Land erreicht.

Stellenpositionen in der öffentlichen Verwaltung sind bis zu vierfach überbesetzt. Dennoch gibt es keine funktionierende Verwaltung, etwa in den Bereichen Finanzverwaltung, Katasterwesen, etc.

Renten werden doppelt oder noch an Tote ausbezahlt und es wird mehr Agrarfläche subventioniert als Griechenland Landmasse umfasst.

Standpunkt: Alle diese Strukturen müssen erneuert werden, einschließlich mentalem Umdenken. Dieser Prozess wird weit über 10 Jahre dauern und müsste sich – wenn Griechenland im Euro-Raum wäre – mit finanzieller Stütze und unter Aufsicht und Antrieb der Geberstaaten vollziehen.

Solange würden wir Anti-EU Proteste in Athen sehen, mit Angela Merkel, Wolfgang Schäuble oder ihren Nachfolgern mit Hitler-Bärtchen.

Wollen wir das ?

Humanitäre Hilfen

Europa ist eine Solidargemeinschaft und steht füreinander ein. Das ist richtig so !

Wenn also der griechische Staat den ökonomischen Weg zurück zur Drachme geht, dann ist das die richtige Richtung. 

Auf diesem Weg könnten sich – vor allem kurzfristig – Situationen der Armut, des Hungers und des Leids in Teilen der griechischen Bevölkerung ergeben.

Hier sollte die EU genau so helfen, wie bei der Unterstützung Griechenlands bezüglich der vielen Flüchtlinge, die über das Mittelmeer auf den griechischen Inseln aufgenommen werden.

Auch das im Abschluss in Zahlen:

Bei 10 Mio. Griechen könnten 20% von akuter Armut betroffen sein, bis sich die neue Währung und das Wirtschaftsleben erneut stabilisiert haben. Wenn jede betroffene Person mit 1.000 € unterstützt werden würde, dann hätte das jeder Euroland-Bürger mit 6 € zu tragen.

Unsere Fünf-Köpfige Familie wäre mit 30 € betroffen.

Standpunkt: Das muss unbedingt getan werden !

 

Vielen Dank

Ihr Albert Sauter

Albert.sauter@meinungzurpolitik.de
www.meinungzurpolitik.de