Meinung zur Politik

 

 

 

 

 

Der ehrliche Weg aus der Schuldenkrise - Der 50 Milliarden Euro Plan

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,

Das gute alte Europa steht – einmal wieder – an einem Scheideweg.

Einige Mitgliedsstaaten unserer Währungsunion haben sich überschuldet. Die Mehrzahl der Staaten in Europa ist stark verschuldet. Das Schuldenvolumen ist mitunter so groß, dass deren Zins- und Tilgungsbelastungen in regulären Staatshaushalten nicht mehr unterzubringen sind. Für den regulären Schuldenabbau reichen die Einnahmen oft nicht aus. Die Frage, die sich nun in nicht wenigen Ländern stellt, ist wie diese Schulden dennoch abgebaut werden können.

Schon die Aufwendungen für die jährlichen Zinsen überfordern etwa eine Handvoll von Staate der Eurozone. Da ist von Tilgung noch gar nicht die Rede.

Ausgelöst durch die gemeinsame Währungsklammer werden nun Bitten an die solventen Euro-Staaten herangetragen, die überschuldeten Staaten mit Finanzhilfen zu unterstützen. Darüber hinaus denken einige Parteivertreter und vor allem die Staatsvertreter der überschuldeten Staaten laut darüber nach, die Schulden aller europäischer Staaten im Wege sog. Euroanleihen oder Eurobonds in einen großen Topf einzubringen, für den alle Staaten gemeinsam Zinsen bezahlen würden. Im Ergebnis würden somit die Verbindlichkeiten der überschuldeten Staaten in der Euro-Gruppe vergemeinschaftet oder kollektiviert werden.

Der Scheideweg, an dem wir nun im guten alten Europa stehen ist: Sollen die immensen Schulden der einzelnen Euro-Staaten kollektiviert werden oder sollen die einzelnen überschuldeten Staaten durch einen traditionellen Schuldenschnitt ihr Problem marktwirtschaftlich lösen?

Mit dieser Frage möchte ich mich für Sie in den nächsten Minuten auseinandersetzen.

Dazu möchte ich die Ereignisse der letzten Monate kurz zusammenfassen:

Erst haben sich alle gefreut: Gerade die neuen Euro-Staaten, wie Griechenland, die bislang eher schwache Währungen mit hohen jährlichen Inflationsraten hatten, sahen sich nach der Euro-Einführung in der glücklichen Lage, eine harte Währung zu haben, hinter der echte Kaufkraft steht. Damit ließen sich viele neue tolle Dinge kaufen, wie U-Bahnen, Häfen, (Olympia-) Stadien, usw. Die Bezieher von Löhnen, Gehälter und Renten haben sich ebenfalls gefreut, da sie sich mit ihrem neuen Geld endlich begehrte Importwaren leisten konnten - so auch Autos aus deutscher Produktion. Da aber so viel Geld nicht klassisch verdient werden konnte, mussten Kredite aufgenommen werden, vor allem Kredite durch Staaten, sog. Staatsanleihen.

Jetzt haben sich auch die Kreditgeber gefreut, die solche Staatsanleihen gekauft haben. Das sind vor allem Investment- und Rentenfonds, Versicherungen und Banken, die solche Geschäfte zudem vermittelt haben. Wohl geblendet durch den Euro als neue Währung, haben diese Geldgeber vergessen, die üblichen Kreditwürdigkeitsprüfungen anzuwenden und haben so getan, als könne ein vollkommen überschuldetes Griechenland seine Schulden ebenso leicht zurückzahlen, wie bspw. Luxemburg, das praktisch schuldenfrei ist. Das war natürlich dumm, hat aber dazu geführt, dass die schon verschuldeten Staaten weiterhin viel billiges Geld aufnehmen konnten und dies auch getan haben. Die Währung hatte sich verändert, die Mentalität nicht !

Wie gefährlich es ist, Staaten Geld zu leihen, hätte schon ein oberflächlicher Blick in die Finanzgeschichte gezeigt. Dort wäre man unter vielen Anderen auf die Fugger gestoßen, denen, als sehr prominentes Beispiel, das Schicksal des Ausfalls von Schuldnern widerfahren war.

Auch heute reift die alte Erkenntnis wieder, dass man einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann und die Geldgeber erheben daher wieder schrittweise Risikozuschläge auf Staatskredite. Das ist ein richtiges und notwendiges Regulativ, das bessere Haushaltsführung belohnt und schlechtere Haushaltsführung bestraft.

Es ist aber insbesondere den überschuldeten Staaten nicht möglich, nun etwa fünf oder sechs Prozent Zinsen auf ihre Anleihen zu bezahlen, statt vielleicht zwei oder drei Prozent, wie bisher. Die Zinslast verdoppelt oder verdreifacht sich und überfordert nun die Staatshaushalte deutlich.

Daher der Wunsch der überschuldeten Staaten, ihre Verbindlichkeiten in einen großen europäischen Topf einzubringen, den alle Eurostaaten zusammen verzinsen würden.

Lässt man etwas Polemik zu, kann dieser Effekt mit notorischen Rasern im Straßenverkehr vergleichen werden. Für diese Raser baut man ein paar weitere Beschränkungsschilder ab. Damit kann der Raser noch etwas weiter rasen und die Verkehrspolizei, die kontrollieren soll, wird nicht zu sehr verunsichert.

Zurück auf die Finanzwelt übertragen, braucht man kein Orakel sein, um vorher zu sagen, dass nach der Kollektivierung der Staatsschulden, die eigentliche Schuldenparty erst beginnen wird. Handlungsanreize zum poltischen Durchboxen schmerzhafter Sparpakete sehen wahrlich anders aus. So kann es nicht gehen, soviel steht heute schon fest.

Die Alternative dazu ist der – wie ich meine – ehrliche Weg aus der Schuldenkrise, nämlich die marktwirtschaftliche Alternative:

Kerngedanke dieser marktwirtschaftlichen Lösung ist es, das jeder Staat sein Schuldenproblem selber löst und zu diesem Zweck mit seinen Gläubigern – wenn nötig – einen wirkungsvollen Schuldenerlass verhandelt, der die betroffenen Staaten wieder handlungsfähig macht.

Diese Lösung kann in fünf Schritte unterteilt werden:

Der erste Schritt auf diesem Weg ist der, dass die Bundesrepublik als Mitglied der europäischen Währungsunion sich wieder an die geschlossenen und gültigen Verträge hält. Diese sehen insbesondere drei finanzielle Grundregeln vor, die wir derzeit allesamt verletzen:

Das erste europäische Konvergenzkriterium sieht eine maximale Neuverschuldung in Höhe von drei Prozent der Gesamtverschuldung vor. Hier lagen wir in 2011 bei 3,3 %.

Die zweite Regel lautet, dass der gesamte staatliche Schuldenstand nicht höher als 60% des Bruttoinlandsproduktes sein darf. Hier liegen wir derzeit bei 80%.

Und schließlich die „No-Bailout-Regel“. Danach darf ein Staat einem anderen Staat nicht beispringen, wenn dieser in finanzielle Bedrängnis gerät. Diese Regel dient der Disziplinierung von Schuldnern.

Es ist klar, dass die Bundesrepublik als größtes Mitgliedsland der Eurogemeinschaft, von den anderen Staaten nur dann Vertragstreue erwarten kann, wenn wir unsere Regeln selbst höchst mustergültig befolgen.

Für die Rückkehr der anderen Euro-Ländern unter die Grenzen der Konvergenzkriterien ist ein Zeitraum von nicht mehr als vier Jahren zuzugestehen.

Im zweiten Schritt müssen die Bundesrepublik und die anderen Geberstaaten ihre Finanzhilfen einstellen – schon alleine um selbst die Konvergenzkriterien wieder einzuhalten zu können.

Die Mehrzahl der Euro-Staaten wird belastbare Sanierungspläne vorlegen können, innerhalb der vier-Jahres-Frist die Konvergenzkriterien wieder erreichen zu können. Manche Euro-Staaten erreichen sie heute schon. Für einige Euro-Staaten kann es keinen realistischen Plan geben, diese Kriterien zu erreichen. Das sind die überschuldeten Staaten wie Griechenland an erster Stelle. Hier bleibt nur die Erklärung der Zahlungsunfähigkeit, also des Staatsbankrotts.

Im dritten Schritt führen die zahlungsunfähigen Staaten mit ihren Gläubigern Verhandlungen bezüglich eines Schuldenschnitt bzw. Schuldenerlasses. Der Kapitalschnitt, also der Verzicht der Gläubiger auf Rückzahlung der Staatsanleihen, muss sich in der Größenordnung auf die Rückkehr unter die  Konvergenzkriterien orientieren.

Hierfür wieder das Extrembeispiel Griechenlands: Das maximale Verschulung von 60% des BIP, das 237 Mrd. €b beträgt, das sind 142 Mrd. €. Der tatsächliche staatliche Schuldenstand belief sich in 2011 auf 273 Mrd. €. Um das Konvergenzkriterium zu erreichen braucht es also einen Schuldenreduktion um etwa 50%. Im zweiten Extrembespiel Italien müssten die Staatsschulden auch um etwa die Hälfte abgewertet werden. In allen anderen Ländern sieht es schon deutlich entspannter aus.

Mit diesen Schuldenerlassen wäre die Handlungsfähigkeit der Schuldenstaaten wieder her gestellt.

Im vierten Schritt müssten die solventen Staaten der Euro-Zone eine Garantie für alle privaten Spareinlagen aussprechen. Das ist notwendig, da durch den Schuldenschnitt damit zu rechnen ist, dass eine Anzahl von Fonds, Banken und Versicherungen durch den hieraus entstehenden Abschreibungsbedarf in ihren Aktiva nun in wirtschaftliche Schieflagen geraten werden.

Diese Bilanzeinschnitte werden einige Institute durch andere Einkünfte oder Reserven abfedern können, jedoch andere Institute nicht. In diesen Fällen, wird man wohl versuchen, die Insolvenz dieser Institute abzuwenden und stattdessen mit den Gläubigern ebenfalls Verzichtsverhandlungen zu führen. Diese Forderungsverzichte werden deutlich kleiner ausfallen, als die ursprünglichen Schuldenschnitte auf Staatsebene, treffen aber im Ergebnis private Spareinlagen von europäischen Anlegern.

Um das Vertrauen der Anleger zu schützen und um das Phänomen Massenpanik zu vermeiden, bei dem Banken gestürmt werden, muss unmissverständlich klar gemacht werden, dass private Einlagen bis zu einer Höhe von 100.000 € staatlich garantiert und geschützt werden.

Auch das kostet Geld der Steuerzahler, aber nicht mehr so viel.

Insgesamt dürfte sich im Euroraum ein Schuldenschnittsvolumen von rund 1000 Mrd. € ergeben. Unter der Annahme, dass die Hälfte dieser Abschreibungen Gläubiger in der Eurozone betrifft, bleiben rund 500 Mrd. €. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass 50% des Schuldenschnitts in den Bilanzen der Gläubiger schon vorher abgeschrieben worden sind, also verbleiben noch rund 250 Mrd. € volkwirtschaftlich relevanter Abschreibungsaufwand.

Da Finanzinstitute wie beispielsweise die Allianz oder die Deutsche Bank eine natürliche Aversion gegen Insolvenzen haben, darf davon ausgegangen werden, dass weitere 50% des Abschreibungsaufwands durch andere Einnahmen oder Reserven kompensiert werden können. Damit würden rund 125 Mrd. € effektiv an private Anleger in Europa weiter gegeben werden.

Nun sei – wie üblicherweise – der deutsche Anteil an der europäischen Wirtschaftsleistung mit 30% angenommen, so würden rund 42 Mrd. € auf deutsche Sparer entfallen. Wenn wir als deutsches Volk mehrheitlich entscheiden sollten, wirtschaftlichen Schaden von inländischen Sparern abzuwenden, dann würde uns das etwas in der Größenordnung von gerundet 50 Mrd. € kosten.

Man braucht kein Finanzexperte zu sein, um zu erkennen, dass dies weit weniger Geld ist, als die 211 Mrd. € , die die Bundesrepublik als Garantien für den ESM Schutzschirm zur Verfügung stellt. Auch im Vergleich zum jährlichen Bundeshaushalt von rund 300 Mrd. € und zum gesamten deutschen Vermögen privater Haushalte von rund 11 Billionen €, dürften diese 50 Mrd. € Verlustaufwand nicht allzu problematisch sein.

Im Gegenteil: Die Bundesrepublik alleine könnte für alle europäischen Sparer diese Garantie abgeben.

Damit wäre die Euroschuldenkrise in ihrem wesentlichen Teil mit einem Schlag beendet! Thema durch! Schuldenkrise erledigt! Abgehakt!

Im fünften Schritt müssen Sparpakete geschnürt werden und die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit in Schuldenstaaten muss schließlich wiederhergestellt werden.

Schulden sind generell eine Folge von zu hohen Ausgaben gegenüber den Einnahmen eines Haushaltes oder eines Staates. Die Ursachen dafür sind vielfältig, liegen aber oft auch darin begründet, dass die Wirtschaft des Landes nicht wettbewerbsfähig ist. Hohe soziale Kosten, wie Arbeitslosenunterstützung sind dann u.a. die Folge.

Staatliche Sparpakete sollten typischerweise dadurch gekennzeichnet sein, dass die Bezüge von Beamten und staatlichen Angestellten reduziert werden, dass Betriebe in Staatshand privatisiert werden und dass Ausgaben in der Verwaltungen auf den Prüfstand gestellt werden. Insbesondere Ausgaben für Soziales und für Verteidigung sowie für kommunale Verwaltung weisen oft ergiebige Sparpotentiale auf. Ziel der Sparpakete ist es, die Einnahmen und Ausgaben wieder in ein gesundes Verhältnis zueinander zu bringen: D.h. die Ausgaben etwas kleiner als die Einnahmen zu halten.

Bei in Europa üblichen Staatsquoten von 50% ist klar, dass diese Kürzungen staatlicher Ausgaben an der Privatwirtschaft nicht ungestreift vorübergehen werden. Einerseits fehlen nun wirtschaftliche Stimulationen – schon im Sinne direkter Subventionen – aber andererseits waren die bisherigen hohen Staatsausgaben offenbar hinreichend wirkungslos um wirtschaftliche Dynamik entstehen zu lassen.

Jedenfalls senken diese staatlichen Sparmaßnahmen das Einkommensniveau im jeweiligen Land. Das Absenken des Lohn- & Kostenniveaus auf breiter Ebene ist für die betroffenen Staaten richtig und umso wichtiger, da sie mit dem Euro als gemeinsamer Währung jetzt in direktem Wettbewerb mit so potenten Wirtschaftsmächten, wie Deutschland oder anderen Staaten stehen. Dies ist also ein zentraler Effekt, der wesentlich dazu beiträgt, die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen und somit die Menschen im Land in die Lage versetzt, später wieder höhere Einkommen auf einem stabilen Niveau erzielen zu können.

Damit würde das gute alte Europa fit anstatt verschuldete auf das Jahr 2015 zugehen.

Ihr Albert Sauter
Albert.sauter@meinungzurpolitik.de
www.meinungzurpolitik.de

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